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Widerstand gegen Angriffskriege

– zu allen Zeiten ein schimpfliches Delikt?

Am Donnerstag, 21. Juni 2007 wurde in Berlin die Wanderausstellung „Was damals Recht war ...“ – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht“ eröffnet. Gegenstand der Ausstellung ist auch der sog. Kriegsverrat.

Im Mai 2002 rehabilitierte der Deutsche Bundestag pauschal die Deserteure der Wehrmacht, mit einer Ausnahme: „Kriegsverräter“ (§ 57 Militärstrafgesetzbuch von 1934: im Kriege begangener Landesverrat) sparte er mit Zustimmung auch der SPD aus. Die in der Neuveröffentlichung dokumentierten 33 Urteile der NS-Militärjustiz schaffen die Voraussetzung für eine sachgerechte Aufarbeitung eines längst überfälligen Themas. Deutlich wird, dass das Delikt „Kriegsverrat“ nicht selten erst in den Köpfen der Kriegsrichter entstand. Sie konstruierten aus widerständigen Handlungen eine Begünstigung des Feindes. Oft reichte zu einem Todesurteil, wenn der Angeklagte Kommunist, Sozialist oder Pazifist war und Kriegsgefangenen oder Juden geholfen hatte. Warum wurden diese Widerstandskämpfer bis heute nicht rehabilitiert? Im Raum steht noch immer der Gesetzentwurf der Bundestagsfraktion Die Linke (Bundestagdrucksache 16/3139 vom 25.10.2006), mit der die gesetzliche Rehabilitierung auch der wegen „Kriegsverrats“ Verurteilten gefordert wird.

Für die Zeit nach 1945 beschäftigt sich in einem besonderen Beitrag des Buches Helmut Kramer mit der Aufarbeitung der Todesurteile gegen die „Kriegs- und Landesverräter“ nach 1945 („Landesverrat hat immer und zu allen Zeiten als das schimpflichste Verbrechen gegolten“). Die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Urteile des Reichskriegsgerichts war Gegenstand nur eines einzigen Verfahrens, des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Lüneburg 1950/1951 gegen den Oberstreichskriegsgerichtsanwalt Dr. Manfred Roeder, der die 47 Todesurteile gegen die Mitglieder der „Roten Kapelle“ erwirkt hatte. In einer spektakulären Einstellungsbegründung verneinte die Staatsanwaltschaft nicht nur einen Rechtsbeugungsvorsatz der Juristen des Reichskriegsgerichts. In einer Begründung, die auf eine Bestätigung der Todesurteile und eine amtliche Ehrenrettung der Richter des Reichskriegsgerichts hinauslief, warf sie der deutschen Militäropposition gegen Hitler ein „ungeheures Maß an Schuld“ vor. Dass das Reichskriegsgericht einige Mitglieder der „Roten Kapelle“, darunter Adolf Grimme, nur zu Zuchthaus, nicht zum Tode verurteilt hatte, erschien der Staatsanwaltschaft „rätselhaft“. Sie verdächtigte Adolf Grimme als getarnten Kommunisten und insgeheimen „Führer eines Kulturquaders der SED“, was sich auch in dem Programm des von Grimme geleiteten Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) abzeichne. Die gesamte Einstellungsbegründung ist ein Paradebeispiel für die in der Justiz der frühen Bundesrepublik verbreitete Mentalität, bei der Beurteilung der nicht von nationalkonservativen bürgerlichen Kreisen ausgehenden Opposition den Widerstand gegen das NS-Regime aus der Perspektive des in die NS-Zeit zurückverlegten Kalten Krieges zu deuten. Deshalb tat die Staatsanwaltschaft die Ernsthaftigkeit der gegen Roeder erstatteten Strafanzeige mit dem Verdacht ab, dass die Anzeigeerstatter Günther Weisenborn und Adolf Grimme „im Auftrag der Ostzonenregierung“ und der Sowjetunion handelten. Und in den Belastungszeugen, den überlebenden Mitgliedern der „Roten Kapelle“, sah die Staatsanwaltschaft nichts anderes als „Menschen, die sich in einen maßlosen Hass gegen den nationalsozialistischen Staat hineingesteigert haben und die aus diesem übersteigerten Hass auch heute noch nicht herausgefunden haben zu einer objektiven Würdigung des Geschehens“.

Die Themen Landesverrat und Kriegsverrat sind auch Gegenstand der am 21. Juni 2007 eröffneten Ausstellung „<Was damals Recht war...> - Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht“. Die Ausstellung wird bis zum 1. August 2007 in der St. Johannis-Evangelist-Kirche in Berlin, Auguststraße 90, gezeigt. Anschließend wird die Wanderausstellung in Köln vom 10. August bis 21. Oktober, später in Wilhelmshaven, München, Halle, Freiburg, Peenemünde, Bielefeld und Kiel zu sehen sein.

Bei der feierlichen Eröffnung der Ausstellung zur Wehrmachtjustiz im Deutschen Theater in Berlin sagte Ludwig Baumann, der Vollstreckung des 1942 gegen ihn verhängten Todesstrafe nur knapp und qualvoll entgangen: „Was konnte man besseres tun, als den Vernichtungskrieg zu verraten?“. Diese Aussage gilt noch heute: Ein völkerrechtswidriger Krieg muss mit allen Mitteln sabotiert werden. Das ist nichts anderes als Schutz der Bürger des überfallenen Landes vor Mord, sozialer Not und den vielen weiteren Plagen, den, vergleichbare der Büchse der Pandora, jeder Krieg über die Menschheit bringt, letztlich auch über das eigene Land.

Näheres über die von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas erarbeitete Ausstellung unter

www.stiftung-denkmal.de