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Die Spur zum Studienzentrum Weikersheim

Eine Spur für Oettingers Entgleisung führt ins Studienzentrum Weikersheim

Auf der Suche nach den Hintergründen der Ansprache von Günther Oettinger könnte der Name des von Oettinger des maßgeblichen Verfassers weiterhelfen. Der Name: Michael Grimminger. Er war Mitarbeiter des Chefideologen de Studienzentrums Weikersheim (SZW) Günter Rohrmoser. Näheres zum Studienzentrum Weikersheim ergibt sich aus dem Artikel von Anton Maegerle, Studienzentrum Weikersheim, in dem Buch von Wolfram Wette (Hg.), Filbinger – eine deutsche Karriere, zu Klampen Verlag, Springe 2006, S. 123 ff.

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages dokumentieren wir diesen Text.
Sie finden ihn hier als ACROBAT-Dokument.

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Eine Spur führt nach Weikersheim

Es schien schon fast unausweichlich, daß die Affäre Oettinger mit seinem Rücktritt enden würde. Das Muster ist wohlbekannt: Immer wieder ist der Endpunkt vieler Karrieren von aus dem Tritt geratenen Politikern markiert durch solche sich über quälend lange Zeiträume hinwegziehende halbherzige Dementis und schrittweise Rücknahme von Erklärungen. Das Verhalten von Oettinger in den Tagen nach dem Freiburger Trauerakt erinnert zudem fatal an die Umstände um den Abtritt des von Oettinger so hochgeehrten Vorvorgängers Filbingers von der politischen Bühne. Das beschämende Schauspiel, das Oettinger über Tage hinweg geboten hat, offenbart einen schlimmen Mangel an Entscheidungsfähigkeit. So schien sich bereits die Konsequenz abzuzeichnen, die in der Demokratie ein Politiker ziehen muß, der die öffentliche Unterstützung für alle sichtbar verloren hat. Gerettet hat ihn nur, daß seine Parteifreunde ihm bis zum Schluß die Nibelungentreue hielten, wenn auch nur aus Taktik und mit mühsam unterdrücktem Groll.

Nun, es war eine Notbremsung in letzter Sekunde.

Zur Tagesordnung zurückkehren kann man allerdings auch jetzt nicht. Wäre Oettinger zurückgetreten, hätte sich die Frage nach den Gründen der Scheu der ihm von so vielen Seiten abverlangten Distanzierungserklärung vielleicht erübrigt. So steht sie aber um so dringlicher im Raum. Was hinderte Oettinger über viele Tage, sein unerhörtes Bekenntnis nicht nur zu einem Furchtbaren Juristen, sondern auch zu den gefährlichen Denkstrukturen solcher Richter unmissverständlich zurückzunehmen? Der Hinweis auf „mangelndes Krisenmanagement“ (so die meisten Medienkommentare) liefert hier keine ausreichende Erklärung. Das Oettingers „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ auf persönlicher Überzeugungstreue beruhte, ist bei einem hartgesottenen Berufspolitiker unwahrscheinlich. Die Beharrlichkeit, mit der Oettinger einer eindeutigen Distanzierung von seiner Lobrede auf Filbinger auswich, läßt auch vermuten, daß es ihm nicht nur um die Verbundenheit mit Filbinger ging. Wer angesichts massiver öffentlicher Kritik, gegen den Rat seiner gemäßigten Parteifreunde das erlösende Wort nicht findet und damit wider alle politische Vernunft sein Ministerpräsidentenamt riskiert, läßt die Frage aufkommen, ob hier nicht noch andere Kräfte im Hintergrund im Spiel waren. Vielleicht gab es aber eine äußere Instanz, eine politische Gruppierung, der er sich in höherem Grad verpflichtet fühlte.

Einen Hinweis könnte der Name des von Oettinger ausgesuchten Redenschreibers und dessen Umkreis liefern. Der Name: Michael Grimminger. Grimminger stieß bereits im Jahr 2002 noch unter Oettingers Vorgänger Erwin Teufel zum Redenschreiberteam des Stuttgarter Staatsministeriums. Grimminger ist gewissermaßen der politische Ziehsohn von Günter Rohrmoser. Bei ihm war er lange Jahre Assistent und Mitarbeiter. Zu der im Jahre 2003 erschienenen Buch-Laudatio Rohrmosers „Hans Filbinger – Aus 9 Jahrzehnten“ lieferte er einen Beitrag unter dem Titel „Ein Leben für die christlich-freiheitliche Demokratie“. Rohrmoser wiederum ist Chefideologe des ominösen „Studienzentrum Weikersheim“ (SZW), eine konservativdeutschnationale Denkfabrik. Stephan Braun bezeichnet das SZW als „institutionelles Scharnier zwischen demokratisch-konservativen Eliten und Netzwerken der extremen Rechten“. Ob das so zutrifft, sei dahingestellt. Jedenfalls ist das SZW von Hans Filbinger im Jahre 1978  gegründet worden – als „Antwort auf die so genannte Kulturrevolution der sechziger Jahre“ und damit zur Förderung rückwärtsgewandten Denkens.

Günter Rohrmoser, mit dem Michael Grimminger lange Jahre im SZW zusammengearbeitet hat, hat sich regelmäßig in der rechtskonservativen Wochenzeitung „Junge Freiheit“ zu Wort gemeldet. Zu seinem 70. Geburtstag hatte er sich zum Laudator den Antisemiten Horst Mahler gewählt. Das SZW sollte als Ideologiezentrum am Rande der Union diese zu einer „christlich-national-konservativen“ Partei umprogrammieren. Und die Union wieder zu dem bringen, „was ursprünglich die CDU als ihren Geist erfüllt“. Dazu zählen sollte der Kampf gegen den „Ausverkauf der Deutschen Nation“, gegen Werteverfall und Wertezerstörung und gegen eine Selbstbezichtigungskultur. Deshalb warfen Filbinger und Rohrmoser der CDU vor, daß sie die von Helmut Kohl angekündigte „geistig-moralische Wende“ nicht genügend im konservativen Sinn vorangetrieben hätten. Rohrmoser war seit jeher mit Hans Filbinger eng verbunden. 1976 wurde er mit massiver Unterstützung des damaligen Ministerpräsidenten Filbinger zum Ordinarius für Sozialphilosophie an der Universität Stuttgart-Hohenheim ernannt. Dazu wurde eigens für ihn gegen den Widerstand der SPD-Landtagsfraktion ein neuer Lehrstuhl geschaffen. Rohrmoser pflegte auch Kontakte zu der rechten Psychosekte „Vereinigung zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis“ und zur MUN-Sekte, u.a. mit Referaten bei diesen Vereinigungen.

Der Geschäftsführer des SZW Ronald Schrumpf und mehrere SZW-Vorstandsmitglieder setzten sich auch für eine Rehabilitierung des wegen einer als antisemitisch eingestuften Rede aus der CDU ausgeschlossenen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann ein.

Tat Oettinger sich mit der Distanzierung von seiner Ansprache deshalb so schwer, weil er sich mit den rechtskonservativen Kreisen um Filbinger und Rohrmoser unlösbar verbunden fühlt? Mit der Rücknahme von von dem SZW propagierten Gedankengut hätte er sich jedenfalls vom rechtskonservativen Rand demonstrativ abgegrenzt. Fürchtete er den Unwillen dieses Lagers?

Wie stark dieser Teil des rechten Flügels der Baden-Württembergischen CDU ist, zeigen auch die Kraftworte, mit denen der Chef der Baden-Württembergischen Landesgruppe im Bundestag Georg Brunnhuber Oettinger den Rücken stärken wollte: Dessen Rede sei eine „Meisterprüfung“, mit nicht zu unterschätzender Wirkung für die „christlich-konservative Seele“. Und: „Für unsere Anhänger  hat er einen ganz, ganz großen Schritt getan. Hinter jedes einzelne Wort (der Rede) müssen fünf Ausrufezeichen gesetzt werden. Er hat ein Tor aufgestoßen. Das wird ein ganz Großer“.

Helmut Kramer, Wolfenbüttel 24.04.2007

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Wegen Trauerrede für Filbinger

Oettingers Redenschreiber wird geschasst

27.04.2007 18:49 Uhr

Die Affäre um die Trauerrede von Ministerpräsident Oettinger für seinen Amtsvorgänger Filbinger hat nun doch

personelle Konsequenzen - der Redenschreiber soll ins Landwirtschaftsministerium abgeschoben werden.

Nach einem Bericht der Stuttgarter Zeitung (Samstagausgabe) ist der zuständige Redenschreiber Michael Grimminger zunächst innerhalb des Staatsministeriums versetzt worden: Er arbeitet jetzt im Referat für bundespolitische Themen. Dies bestätigte nach Angaben des Blattes ein Regierungssprecher.

Der Wechsel sei "aus Gründen der Fürsorgepflicht" und im "gegenseitigen Einvernehmen" erfolgt. Zugleich wird den Angaben zufolge nach einem neuen Job für Grimminger in einem anderen Ministerium gesucht.

Überlegungen für einen solchen Wechsel "im Rahmen der Personalentwicklung" habe es schon seit Mitte 2006 gegeben, sagte der Sprecher der Zeitung. Derzeit liefen Gespräche mit dem Landwirtschaftsministerium.

Grimmingers neue Tätigkeit stehe aber noch nicht fest, sagte eine Sprecherin von Agrarminister Peter Hauk (CDU). Der promovierte Politologe sei für das Ressort zweifellos geeignet, weil er einen "landwirtschaftlichen Hintergrund" habe und sich im Bereich Naturschutz engagiere.

Am Dienstag hatte Oettinger noch gesagt, er plane zunächst keine personellen Konsequenzen im Staatsministerium.

Der CDU-Politiker Filbinger war von 1966 an baden-württembergischer Ministerpräsident und musste 1978 zurücktreten, weil er als Jurist in der NS-Zeit an Todesurteilen beteiligt gewesen war. Oettinger war auf diesen Umstand in seiner Trauerrede nicht eingegangen und hatte Filbinger als Gegner des NS-Regimes bezeichnet.

Erst nach tagelangem Streit distanzierte sich der Stuttgarter Regierungschef schließlich von dieser Äußerung. Grimminger war seit 2002 im Team der Redenschreiber.

(AP)

Es stand in der Sueddeutschen Zeitung:
Ressort: Deutschland
http://www.deutschland/artikel/967/111856/article.html
Datum und Zeit: 30.04.2007 - 20:04

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Oettinger macht Front gegen rechte Redner

STUDIENZENTRUM WEIKERSHEIM

Günther Oettinger auf neuem Kurs. Baden-Württembergs Ministerpräsident macht nach dem Eklat um seine Filbinger-Trauerrede plötzlich Front gegen Rechts. Er fordert, umstrittene Redner hätten nichts zu suchen im Studienzentrum Weikersheim - dessen Mitglied er vor kurzem noch war.

Stuttgart - Oettinger erklärte heute nach einer Sitzung der CDU-Parteigremien in Stuttgart, die Einrichtung müsse sich "gegenüber Inhalten und Kräften jenseits des demokratischen Spektrums unserer Werte- und Verfassungsordnung" abgrenzen. Dies erwarte die Partei vom Präsidenten Bernhard Friedmann, sagte der Chef der baden-württembergischen CDU. Kritiker werfen dem Studienzentrum Weikersheim Rechtslastigkeit vor. ....

SPIEGEL ONLINE - 30. April 2007, 17:21

weiter im SPIEGEL ONLINE

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,480308,00.html-----------------------------------