Bequeme Entsorgung von NS-Verbrechen
Die beiden Berliner Koalitionsfraktionen haben ihren jahrelangen hartnäckigen Widerstand gegen die Rehabilitierung der „Kriegsverräter“ endlich aufgegeben, zähneknirschend aufgeben müssen angesichts einer erdrückend einhelligen öffentlichen Meinung und schließlich bei Druck in den eigenen Reihen (vgl. Kramer, „Die Kriegsverräter werden rehabilitiert“ (www.kramerwf.de/242.0.html): Nach der ersten Lesung am 4. Juni 2009 wird die Aufhebung der Todesurteile in zweiter und dritter Lesung am 26. August 2009 erfolgen.
Ob dann die Rehabilitierung in der notwendigen angemessenen Form vonstatten gehen wird, ist allerdings in Frage gestellt. Im Geschäftsordnungsausschuss haben die Fraktionen der CDU/CSU und SPD beantragt, den Antrag ohne mündliche Debatte mit sofortiger Abstimmung, also innerhalb weniger Minuten, abzuhaken. Überdeutlich wird hier der Unwille darüber, dem Druck der Wählerschaft weichen zu müssen – eine Verachtung des Souveräns, des Volkes, das eine Begründung dafür erwartet, warum eine überfällige Entscheidung mit großer Energie um Jahre verzögert worden ist.
Immerhin steht es noch dahin, ob es auf diese schäbige Weise gelingen wird, den Rehabilitierungsakt im Schnelldurchlauf zu erledigen. Der Linksfraktion, die die Rehabilitierung auch, sogar zu allererst, beantragt hat, wird nach der Geschäftsordnung das Wort zur Begründung nicht versagt werden können. Andere Fraktionen, etwa die Grünen, müssen sich zwar nicht, können sich dann aber anschließen. Werden sich die SPD und die Union, verstockt wie sie sich bislang verhalten haben, die Blöße geben und peinlich schweigen? Ob es dazu kommt, wird sich erst zwei oder drei Tage vor dem 26. August herausstellen, weil die Tagesordnung rechtzeitig vor dem Termin festgelegt werden muß, unter Berücksichtigung von angemeldeten Reden.
Es bleibt zu hoffen, dass die Koalitionsfraktionen noch einsehen, dass es hier nicht um die formelle Bereinigung einer geringfügigen gesetzgeberischen Fehlleistung geht, nicht um die bloße Schließung einer kleinen Gesetzeslücke, auch nicht um die Absolvierung einer lästigen Pflichtübung. Die Opfer der Wehrmachtsjustiz und ihrer Hinterbliebenen dürfen erwarten, dass das jahrelang aufrechterhaltene Unrecht in einer würdigen Form beseitigt wird. In einem Akt, in dem auch die Ehrung der vor kurzem noch von mehreren Rednern der Koalitionsfraktionen geschmähten und erniedrigten Opfer einen angemessenen Ausdruck findet. Und dies hoffentlich nicht vor einem demonstrativ fast leeren Plenum.
Helmut Kramer
Wolfenbüttel, 11.08.2009