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Anfrage an Tiefensee

04.04.06

Forum an:

An den

Herrn Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Wolfgang Tiefensee
Invalidenstraße 44
10115 Berlin


Sehr geehrter Herr Minister Tiefensee!

Nach einem Bericht des „Tagesspiegel“ vom 31. März 2006 haben Sie sich dafür eingesetzt, dass die Deutsche Bahn AG die Ausstellung „11 000 jüdische Kinder – Mit der Reichsbahn in den Tod“ auf ihren Bahnhöfen zeigt. Das „Forum Justizgeschichte“ unterstützt diese Initiative und hatte die Bahn selbst gebeten, die Ausstellung am 28. Mai 2006 gleichzeitig mit der Inbetriebnahme des Hauptbahnhofs auf dessen Gelände zu eröffnen. Eine Abschrift unseres Briefes vom 21. Februar 2006 füge ich bei.

Am 6. März 2006 hat die Bahn ihre Ablehnung damit begründet, dass die Initiatoren der Ausstellung, Beate und Serge Klarsfeld, eine Kampagne gegen die Bahn gestartet hätten, deshalb keine Korporationsmöglichkeit bestehe und daher die Ausstellung nicht in den Räumlichkeiten der Bahn gezeigt werde. Erfreulicherweise ist dieser Standpunkt nach Ihrer Intervention revidiert worden. Der „Tagesspiegel“ meldet jedenfalls Gesprächs- und Kompromissbereitschaft der Konzernzentrale. Erstaunlich ist allerdings die in dem Bericht wiedergegebene Begründung für die bisherige ablehnende Haltung der Bahn, nämlich das Fehlen finanzieller und personeller Mittel. Der „Tagesspiegel“ meldet am selben Tag einen Gewinn der Bahn von 448 Millionen Euro im Jahr 2005 und am nächsten Tag die Erwartung einer Gewinnsteigerung von 15 bis 20 Prozent für die Jahre 2006 und 2007. In dem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der Vorgängerbetrieb der Deutschen Bahn AG, die Reichsbahn, seinerzeit Millionensummen an den Deportationstransporten verdient hat.

Wir bitten Sie, bei Ihren nach dem Zeitungsbericht avisierten Gesprächen mit der Bahn um Unterstützung für unser Anliegen, die Ausstellung während der Fußballweltmeisterschaft auf dem Hauptbahnhof in Berlin zu zeigen. Bei allem Respekt vor dem Engagement der Bahn wie z.B. der Errichtung des Mahnmals Gleis 17 am Bahnhof Grunewald oder der Auseinandersetzung mit dem Thema im Nürnberger Firmenmuseum verspielt die Bahn mit ihrer bisherigen Ablehnung eine große Chance. Mahnmale und Museen werden von einem begrenzten Interessentenkreis besucht. Auf einem Bahnhof wird dagegen eine breite zum größten Teil uninformierte Öffentlichkeit erreicht. Die Präsentation einer solchen Ausstellung während der Fußballweltmeisterschaft hätte einen hohen Aufklärungswert und würde belegen, dass sich die Bahn ernsthaft mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt. Die Bahn AG könnte sich am DFB ein Beispiel nehmen, der seine Verstrickungen in das NS-System gerade im Hinblick auf die Weltmeisterschaft 2006 offen gelegt hat.

Mit freundlichen Grüßen