- Janina Piotrowska
Verlegter Stolperstein 26.03.2013
Stolperstein Janina Piotrowska
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„Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist“ (Gunter Demnig)
Für die am 07. Januar 1944 vom Sondergericht Braunschweig als „Volksschädling“ zum Tode verurteilte und am 07. Februar 1944 in Wolfenbüttel hingerichtete Janina Piotrowska ist jetzt vor dem Grundstück der ehemaligen Gärtnerei Oppermann Neuer Weg 29 (jetzt Gelände des Supermarktes) in Wolfenbüttel ein „Stolperstein“ gelegt worden.
Das bundesweite Projekt „Stolpersteine“ holt die Opfer des Nationalsozialismus aus der Anonymität in die Mitte der Städte zurück. Der Künstler Gunter Demnig erinnert an die Opfer, indem er vor ihrem letzten Wohnhaus Gedenktafeln aus Messing in den Bürgersteig einlässt.
Was hatte Janina verbrochen?
Janina Piotrowska war im Alter von 14 Jahren Anfang 1940 aus ihrem kleinen Heimatort in Polen als Zwangsarbeiterin nach Deutschland verschleppt worden. Im April 1940 wurde sie als Hausgehilfin bei der Wolfenbütteler Gärtnerei Oppermann untergebracht.
In der Landwirtschaft beschäftigte Zwangsarbeiter erhielten am Sonntag Urlaub. Weil sie nach einem Sonntagsausflug zu einer Freundin in Braunschweig wegen schlechten Wetters und wegen der schlechten Verkehrsverbindungen erst am Montagmittag nach Wolfenbüttel zurückgekehrt war, verhängte die Polizei gegen sie eine Geldstrafe von 15,00 Reichsmark. Aus Verärgerung darüber und wegen der Drohung der Frau Oppermann, Janina würde wohl in ein Erziehungslager eingewiesen, zündete das Mädchen in einer Kurzschlusshandlung etwas herunterhängendes Stroh in einer Scheune der Gärtnerei an. Der Dachstuhl brannte aus. Über die Folgen entsetzt, half Janina sofort bei der Rettung des in der Scheune untergebrachten Pferdes und der übrigen Tiere. Dieser Versuch einer Wiedergutmachung des Schadens und ihre mangelnde Klarheit über die Folgen ihrer Handlungsweise schützten sie nicht vor dem Vorwurf, mit ihrer Tat „die Widerstandskraft des deutschen Volkes geschädigt zu haben“.
Von der Regelung, wonach Jugendliche der Volksschädlingsverordnung nur in Ausnahmefällen unterlagen, waren Polen ausgenommen. Für sie galt nämlich zusätzlich die rigorose Polenstrafrechtsverordnung mit ihren besonders scharfen Vorschriften. Mit der Wahl der Todesstrafe gingen die Richter des Sondergerichts aber sogar über das Maß dieses rassistischen Unrechtsgesetzes weit hinaus.
Wie sehr die Richter sich selbst von rassistischen Vorurteilen leiten ließen, offenbart schon der erste Satz des Urteils: „Die Angeklagte, die zum polnischen Volkstum gehört, ....“ Die menschenverachtende Geringschätzung von Polen und anderen Osteuropäern zeigt sich auch am Schluss des Urteils. In ihrer bürokratischen Pedanterie begründen die Richter, warum sie von der gesetzlich sonst vorgeschriebenen Aberkennung der „bürgerlichen Ehrenrechte“ absahen: Nach nationalsozialistischer Doktrin hatten Juden und andere „Fremdvölkische“ weder eine Ehre noch ein schützenswertes Ehrgefühl. Sie galten als minderwertig, Menschen dritter Klasse.
Was geschah mit den juristischen Schreibtischtätern?
Anstatt strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen zu werden, konnten fast alle Richter des Sondergerichts ihre Karrieren fortsetzen. Die wenigen Versuche, gegen die Richter des Sondergerichts strafrechtlich vorzugehen, wurden von der Braunschweiger Justiz trickreich mit begriffsjuristischer Akrobatik abgewehrt. Der für das Todesurteil gegen Janina Piotrowska und weitere 54 Todesurteile verantwortliche Landgerichtsdirektor Dr. Walter Lerche stieg sogar zum Oberlandeskirchenrat in Wolfenbüttel auf und fungierte in der einflussreichen Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands. Nach seinem Tod im Jahre 1962 wurde er mit rühmenden Nachrufen geehrt.
Janina Piotrowska, am 07. Februar 1944 1937/38 errichtete Hinrichtungsstätte
in Wolfenbüttel hingerichtet